Black Swan Event

Der Begriff Black Swan Event steht für ein Ereignis, das in keiner Weise vorherzusehen ist. Es kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf einen bestimmten Bereich oder eine bestimmte Branche haben.
Black Swan Event

Black Swan Event Auf einen Blick

  • Definition & Ursprung: Ein Black Swan Event ist ein völlig unerwartetes Ereignis mit massiven Auswirkungen, das im Nachhinein rationalisiert wird. Der Begriff geht auf Nassim Nicholas Taleb zurück, der damit extrem seltene, unvorhersehbare Schocks beschreibt.
  • Beispiele aus der Finanzwelt: Die globale Finanzkrise 2008 und das Platzen der Dotcom-Blase sind klassische Black Swans – beide trafen Märkte überraschend hart und führten zu globalen Rezessionen und Milliardenverlusten.
  • Folgen & Reaktionen: Black Swan Events wie der Zusammenbruch von Lehman Brothers oder der ERP-Ausfall bei Levi Strauss & Co. kosten Unternehmen oft hunderte Millionen Euro und erfordern drastische Rettungsmaßnahmen durch Staaten und Institutionen.
  • Abgrenzung zu Grey & White Swans: Grey Swans sind seltene, aber denkbare Risiken (z.B. Naturkatastrophen), White Swans hingegen vorhersehbare Ereignisse (z.B. Klimawandel), die oft aus Ignoranz oder Trägheit unterschätzt werden.
  • Relevanz für Risiko- und Strategiemanagement: Klassische Modelle scheitern an der Vorhersage von Black Swans – Unternehmen brauchen daher resiliente, anpassungsfähige Strategien und müssen Unsicherheiten aktiv in ihre Planung integrieren.

Was ist ein Black Swan Event? Definition

Ein Black Swan Event (auf Deutsch: Schwarzer Schwan-Effekt) ist ein extrem seltenes, völlig unerwartetes Ereignis mit massiven Auswirkungen, das im Nachhinein oft rationalisiert wird, obwohl es zuvor niemand vorhersehen konnte.

Es gibt drei Hauptkomponenten für ein Ereignis, das als schwarzer Schwan bezeichnet wird:

  • Wenn es eintritt, hat es mitunter katastrophale und verheerende Folgen – beispielsweise auf die gesamte Weltwirtschaft.
  • Es kann ausschließlich im Nachhinein erklärt werden.
  • Beobachter eines schwarzen Schwan-Effekts versuchen, das entsprechende Ereignis im Nachhinein zu erklären und spekulieren, wie man es hätte vorhersehen können.

Woher kommt der Name Black Swan Event?

Der Finanzmathematiker, Schriftsteller und Ex Wall Street Trader Nassim Nicholas Taleb hat den Begriff „Black Swan Event“ mit seinem gleichnamigen Buch im Jahr 2007 geprägt. Taleb beschreibt schwarze Schwäne als so ungewöhnlich, dass selbst die Wahrscheinlichkeit des Eintretens nicht zu berechnen und somit unbekannt ist.

Der Autor definiert den Black Swan als ein unvorhersehbares Ereignis historischer, wirtschaftlicher oder persönlicher Natur mit massiven Folgen. Er befasste sich erstmalig bei den finanzwirtschaftlichen Ereignissen im Jahr 2001 mit der Theorie des schwarzen Schwans.

Die Metapher schwarzer Schwan oder Black Swan bezieht sich auf den äußerst selten vorkommenden Schwarzschwan, auch Trauerschwan genannt. Er gilt als einziger fast komplett schwarzer Schwan in seiner Gattung. Bis ins 18. Jahrhundert hinein hat ein solcher Schwarzschwan das Unvorstellbare verkörpert, denn bis zu diesem Zeitpunkt waren ausschließlich weiße Schwäne bekannt.

Was ist ein Black Swan Ereignis an der Börse?

Ein Black Swan an der Börse ist ein plötzliches, unvorhergesehenes Ereignis mit massiven wirtschaftlichen Auswirkungen, das zu einem drastischen Einbruch der Finanzmärkte führt und ganze Volkswirtschaften in ein Worst-Case-Szenario stürzen kann.

Solche Ereignisse erschüttern das globale Vertrauen in Märkte, Banken und andere Institutionen massiv und sind daher im Finanzkontext als besonders gefährlich einzustufen. Ihre Seltenheit, Unvorhersehbarkeit und ihr potenziell katastrophales Ausmaß machen sie zu einem Albtraum für Investoren, Regierungen und Zentralbanken – insbesondere dann, wenn präventive Risikoanalysen versagen oder ignoriert werden.

Ein mangelndes Krisenmanagement sowie falsche Risikoeinschätzungen können die Auswirkungen eines Black Swan Events zusätzlich verschärfen.

Globale Finanzkrise 2008

Eines der bekanntesten Black Swan Events an der Börse war die durch den Zusammenbruch des US-Immobilienmarkts ausgelöste weltweite Finanzkrise im Jahr 2008.

Ursachen:

  • In den Jahren vor der Krise vergaben US-Banken zunehmend hochriskante Hypothekenkredite (Subprime Loans) an Kunden mit schlechter oder gar keiner Bonität.
  • Die Kredite wurden ohne ausreichende Risikoprüfung zu wertpapierähnlichen Finanzprodukten gebündelt und weltweit gehandelt.
  • Als die Kreditnehmer ihre Hypotheken massenhaft nicht mehr bedienen konnten, begannen die ersten Finanzinstitute zu kollabieren.

Verlauf:

  • Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 löste eine weltweite Vertrauenskrise im Bankensystem aus.
  • Die Aktienmärkte stürzten ab, die Kreditvergabe kam zum Erliegen, Unternehmen investierten und produzierten weniger – eine Kettenreaktion setzte ein.

Reaktion:

  • Die US-Regierung reagierte mit einem Hilfspaket von über 1 Billion US-Dollar, um Banken zu retten und die Wirtschaft zu stabilisieren.
  • Auch europäische Staaten, darunter Deutschland mit rund 500 Milliarden Euro, unterstützten ihre Banken massiv.
  • Dennoch rutschten viele Industrienationen (unter anderem die USA, Deutschland und Großbritannien) in eine schwere Rezession, die Millionen Arbeitsplätze kostete.

Dotcom-Blase

Neben der Finanzkrise 2008 hat zuvor (2000 bis 2002) bereits die sogenannte Dotcom-Blase zu massiven Verlusten an den Börsen und zahlreichen Unternehmenspleiten im Technologiesektor geführt.

Ursachen:

  • In den späten 1990er-Jahren herrschte große Euphorie rund um das Internet. Investoren steckten Milliarden in junge Tech-Start-ups, oft ohne tragfähige Geschäftsmodelle oder nachhaltige Umsätze.
  • Die Erwartungen an das Wachstumspotenzial der digitalen Wirtschaft führten zu stark überbewerteten Börsengängen (IPOs) sogenannter „Dotcom-Unternehmen“.
  • Kritische Risikoanalysen wurden weitgehend ignoriert, während der Glaube an die Zukunftsfähigkeit der „New Economy“ dominierte.

Ursachen:

  • Ab dem Jahr 2000 begannen viele Unternehmen die in sie gesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen. Die Investoren verloren zunehmend das Vertrauen.
  • Die Aktienkurse, insbesondere an der NASDAQ, brachen innerhalb kurzer Zeit dramatisch ein – der Index verlor bis 2002 mehr als 75 % seines Wertes.
  • Tausende Technologieunternehmen gingen insolvent, viele Anleger verloren einen Großteil ihres investierten Kapitals.

Ursachen:

  • Die Märkte reagierten mit Panikverkäufen, was den Kursverfall weiter beschleunigte.
  • Regulierungsbehörden zogen später Lehren daraus, unter anderem durch strengere Anforderungen an Unternehmensbewertungen und Offenlegungspflichten bei Börsengängen.
  • Die Dotcom-Blase hinterließ eine tiefgreifende Skepsis gegenüber spekulativen Übertreibungen in der Tech-Branche – gleichzeitig ebnete sie aber auch langfristig den Weg für belastbare digitale Geschäftsmodelle.

Weitere Beispiele für Black Swan Events

Black Swan Events treten nicht nur in der Finanzwelt auf, sondern gewinnen auch im Kontext von IT-Projekten und Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Sie stellen Projekte mit hohem Innovationsgrad, langer Laufzeit oder großer Systemkomplexität vor existenzielle Herausforderungen.

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) in Deutschland

Ein prominentes Beispiel aus der deutschen IT-Landschaft ist das Projekt „Elektronische Gesundheitskarte“ (eGK), das ursprünglich 2001 ins Leben gerufen wurde. Ziel war es, die Abläufe im Gesundheitswesen moderner und wirtschaftlicher zu gestalten.

Dazu mussten etwa 110.000 Ärzte, 2000 Krankenhäuser sowie 300 Krankenkassen miteinander vernetzt werden. Das Projekt war dadurch von äußerst hoher Komplexität und mit enormen Kosten verbunden. 2001 wurden die Kosten auf etwa 1 Milliarde DM (511 Millionen Euro) geschätzt, drei Jahre später lagen die Schätzungen bereits bei bis zu 1,4 Milliarden Euro.

Die Kosten stiegen stetig weiter an, da sich die Anforderungen des Projekts häufig änderten. Grund dafür war, dass die Investitionssumme zu Beginn des Projekts lediglich den damaligen aktuellen Erwartungsstand widerspiegelte. Die zukünftigen Entwicklungen wurden jedoch außen vor gelassen, weil diese vollkommen unvorhersehbar waren.

Das Projekt gilt heute als klassisches Beispiel für ein Black Swan Event im öffentlichen IT-Bereich – ein komplexes Vorhaben mit ambitionierten Zielen, das aufgrund unvorhersehbarer Entwicklungen, struktureller Fehlplanung und fehlender Agilität aus dem Ruder lief.

ERP-Systemausfall bei Levi Strauss & Co.

Ein weiteres Beispiel für ein solches zerstörerisches Black Swan Ereignis stellt ein Systemausfall der amerikanischen Bekleidungsfirma Levi Strauss & Company dar. 2003 beschloss die Firma, ihre IT mithilfe eines neuen ERP-Systems zu modernisieren. Dieses wurde im Frühjahr 2008 in Betrieb genommen.

Unerwartete technische Schwierigkeiten führten schlussendlich dazu, dass alle drei Vertriebszentren des amerikanischen Unternehmens einen Systemausfall über eine komplette Woche erlitten. Levi Strauss & Company verzeichnete aufgrund dieses schwarzen Schwans einen finanziellen Schaden von etwa 200 Millionen US-Dollar.

Grey Swan Events & White Swan Events

Im Gegensatz zu völlig unvorhersehbaren Black Swan Events beschreiben Grey und White Swan Events Szenarien, deren Eintreten entweder als möglich (Grey) oder sogar als sicher (White) gilt.

Grey Swan Events

Ein Grey Swan Event (grauer Schwan) beschreibt ein bekanntes, theoretisch denkbares Ereignis, dessen Eintreten jedoch als äußerst unwahrscheinlich eingeschätzt wird. Im Unterschied zum Black Swan ist ein Grey Swan also kein völliger Schock, sondern eher ein unterschätztes Risiko.

Beispiele:

  • Schwere Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüche in bekannten Risikoregionen.
  • Geopolitische Spannungen, die eskalieren könnten (z.B. Handelskriege, Staatspleiten).
  • Großflächige Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen.

White Swan Events

White Swan Events (weiße Schwäne) sind sichere, vorhersehbare Ereignisse, deren Eintreten zwar nicht exakt datierbar, aber langfristig unausweichlich ist. Sie sind also hoch wahrscheinlich, werden jedoch oft ignoriert oder unterschätzt, weil sie nicht unmittelbar bevorstehen.

Laut Taleb liegt das Besondere am White Swan nicht in seiner Überraschung, sondern in der mangelnden Bereitschaft, rechtzeitig und angemessen darauf zu reagieren.

Typische White Swans:

  • Demografischer Wandel (z.B. Überalterung in Industrieländern).
  • Klimawandel und seine Folgen.
  • Zunehmende Ressourcenknappheit.
  • Pandemien wie COVID-19: Taleb klassifizierte die Corona-Krise nicht als Black Swan, sondern als White Swan, da Virologen und Experten seit Jahren vor einer globalen Pandemie gewarnt hatten. Das Risiko war bekannt – die mangelnde Vorbereitung war das eigentliche Problem.

Black Swan Events im Risiko- und Strategiemanagement

Black Swan Events stellen eine fundamentale Herausforderung für unsere herkömmlichen Modelle der Risikoabschätzung und Prognose dar. Sie entlarven die Schwächen konventioneller Ansätze im Risikomanagement und verdeutlichen, wie lückenhaft menschliche Erwartungsmuster sein können.

Auch im Strategiemanagement offenbaren sie, wie anfällig selbst sorgfältig geplante Systeme gegenüber unvorhersehbaren Schocks sind. Unternehmen und Institutionen, die ausschließlich auf vergangenheitsbasierte Daten vertrauen, laufen Gefahr, von einem plötzlichen Ereignis vollkommen unvorbereitet getroffen zu werden. Black Swans fordern daher ein Umdenken hin zu resilienteren, flexibleren Strategien und einem proaktiveren Umgang mit Unsicherheiten.

Häufige Fragen und Antworten

Beim sogenannten schwarzen Schwan Effekt oder auch Black Swan Event handelt es sich um ein Ereignis, oftmals um ein globales Großereignis, das nichts und niemand vorhersagen kann. Es tritt plötzlich auf und hat in der Regel drastische negative Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft.

Viele sprechen bei der Covid-19-Pandemie von einem drastischen Beispiel für einen schwarzen Schwan. Laut Nassim Nicholas Taleb spricht man bei Corona jedoch keineswegs von einem Black Swan Event. Er definiert eine globale Pandemie nicht als unvorhersehbar, sondern als ein Ereignis, welches mit Gewissheit zu einem unbestimmten Zeitpunkt eintreffen wird. Daher bezeichnet er die Pandemie sowie generell globale Pandemien auch als White Swan (Weißer Schwan).
Zwar traf die Pandemie die Börse wie ein Blitz, weswegen viele von einem schwarzen Schwan ausgehen, jedoch gelten Pandemien nicht als völlig unvorhersehbar. Sie kommen in der Regel alle 20 bis 30 Jahre vor, Beispiele aus der Vergangenheit vor Corona sind Influenza oder auch Ebola.

Die Folgen von Black Swan Events sind, wie auch bei der Finanzkrise von 2008, erheblich und dauern häufig mehrere Jahre an. Als Ende eines solchen Ereignisses lässt sich die Regeneration der betroffenen Branchen verstehen. Ein Black Swan gilt erst dann als beendet, wenn sich die betroffene Branche vollständig von den Auswirkungen erholt hat.

Quellen:

  • Martin, D. J., & Mouritz, L. (2022). A Black Swan event?: Djirda Miya Island. Landscape Architecture Australia, (173), 45–48. https://search.informit.org/doi/10.3316/informit.276246764310391
  • Cooper J, Eschleman KJ. Be the ant, not the grasshopper: Preparing for the next black swan event. Industrial and Organizational Psychology. 2021;14(1-2):221-225. doi:10.1017/iop.2021.54
  • Bhanja, S., Das, A. A Black Swan event-based hybrid model for Indian stock markets’ trends prediction. Innovations Syst Softw Eng 20, 121–135 (2024). https://doi.org/10.1007/s11334-021-00428-0